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Prekarität jenseits der Mindestsicherung

 

Motivationslager

diese ist nun ausnahmsweise mal eine erfahrung, die ich selber gemacht habe. sie ist aber dafür schon viele jahre her und widerfuhr mir sogar relativ bald nach meiner kündigung als zahntechniker wegen der schleichend auftretenden sehbehinderung. noch bevor ich von 'der arbeitslosen' in die NSH (notstandshilfe) fiel (maßnahme hält diesen umwandlungsprozess auf), sandte mich die damalige beraterin aus dem ottakringer zentrum (falls es schon wem auffiel, auf vielen gebäuden, die früher firmen waren, prangt nun groß und stolz das ams-emblem - siehe ehem. siemens nixdorf bei donaukanal stadtauswärts, rossauerlände, siemenssteg).
ich wusste garnicht, in welch seliger zeit ich damals noch dort war, nicht ahnend, dass es mit maßnahmen und deren konzentrationslagerartig anmutendem charakter noch viel, ja um vieles schlimmer kommen würde!!
es ist so organisiert, dass man als arbeitsloser durchaus nebenbei sein leben führen, seine jobsuche weiter durchführen kann. erst jahre später kommt der europ. sozialfonds auf die gschissane idee, die arbeitslosen zwangsweise 30 stunden wegzusperren. was ihm das bringt ausser gegendruck, innerer emigration, innerer (ver)weigerung, das würde ich gerne einmal explizit von wem, der sich auskennt, erklärt bekommen. vielleicht glauben wirklich alle beim ams dass wir würschtln alle eh sowieso schwarz arbeiten und deswegen sperren sie uns weg, doch ich komm garantiert später noch ausführlich zum reizthema schwarzarbeit.
ich höre und erfahre beim bfi viele schicksale. dort: vor jahren. von jungen mädels die einfach nur wurscht verkaufen wollen. andre haben schuh verkauft. ein mann ist beeindruckend, der hat in sein bewerbungsgespräch bei einer nonprofit organisation gleich konstruktive verbesserungsvorschläge eingebaut. natürlich haben sie ihn genommen, obwohl er schon (fast) zu alt war, ich glaub 57 oder so. ich war ja damals noch 'jung'. na jedenfalls hat dieser herr genau wie 57 jahre ausgeschaut. ich hoff einfach der arme gsteaml ist jetzt längst in pension.
der druck ist gemächlich, wirklich. ich weiss zu dem zeitpunkt noch nicht, dass alles noch viel schlimmer kommen kann. wir haben 2 trainerinnen. sie sind nicht zwangsläufig vom fach, eine macht ausdruckstanz. ich verlieb mich ein wenig in die eine. die andre ist aber die wirklich kompetente.
das erste mal lerne ich das 'Freie_Arbeiten' kennen, das wie folgt verläuft:
wir 17 würschtln werden im raum eingesperrt, quasi festgehalten. compis sind cirka acht da. der rest soll einfach so jobsuchen. zeitungen sind da und das ganze zeug. zeitungen, die ich doch eh alle schon gelesen habe am samstag, wenn sie erscheinen. als eine kleine kambodschanische oder thailändische nicht unhübsche tusse feststellt, dass es mich nervt, wenn sie mehrmals den grossen papierstoss hart auf den tisch klopft, fängt sie an, mich damit zu terrorisieren. was will sie damit erreichen?
ich sag der einen, der kompetenteren von den trainerinnen, dass ich das in dem zimmer nicht mehr aushalte. wir sind jedoch eh gegen ende des kurses. daher kann sie mit mir den rest des coachings im einzeltraining runterbiegen. sie befasst sich sehr detailliert mit meinem fall, und versucht dinge möglich zu machen, die am arbeitsmarkt eigentlich garnicht möglich sind. dies würde jedoch ein eignes buch füllen. erreicht hab ich de facto am markt mit diesem coaching exakt NICHTS.

vielleicht hat der zweite herr, von dem ich einen mündlichen erfahrungsbericht einholen konnte, die anstalt in einer schlechten phase erwischt. fazit war, er MUSSTE die behandlung dort abbrechen und sich im zuge seines darauffolgenden wochenlangen krankenstands für fast ein jahr in psychotherapeutische behandlung begeben. da er es vorzieht, anonym zu bleiben, will ich den spezi hier einfach nur beim vornamen nennen. es ist der hugo.
der titel, den das spezialhirnwaschprogramm dort hatte, schimpfte sich sowas wie 'motivationsbörse mit arbeitspraktikum'. am ende eines schönen sommers wurden 30-40 betroffenen zum sammeltermin hinzitiert. vorhergehende einzelgespräche hat es nicht gegeben, wohl jedoch hatte der hugo zuvor von seiner ams-betreuerin die erklärung dieses waschprogramms mündlich erhalten. dass hugo, ohne eine bezugssperre / bezugsaufhebung nicht um diesen zwangstermin herumkommen konnte, das war IHM klar, das ist wohl allen klar, die in diese situation kommen. es wehrt sich sichtlich auch keiner der armen ausgelieferten würschtln, weil es ist doch in der regel so, dass das scheiß notstandshilfe geld, oder im entsprechungsfall 'die arbeitslose' eben nolens volens die existenzgrundlage ist, und die gefährdet man nicht, wenn man wie jeder mensch periodisch zahlungen wie miete, gas strom, telefon, alimente, schulden oder eine gschissane pensionsvorsorge, die man eh nie wieder sieht.
weiter jedoch im thema. am ende eines lapidaren einführungsvortrages werden die würschtln in gruppen zerteilt. hugo konnte sich eine gruppe aussuchen, und da er mit gruppen eh laufend probleme hat, nahm er sich eine kleine. es war noch nicht ersichtlich, dass die kleine gruppe eine schwerst inkompetente, im deutschen nicht flüssige, trainerin hatte. im nachhinein hat hugo dann aus dritter hand erfahren, dass trainer/innen in derartigen anstalten selber auf freier-dienstvertrag arbeiten, selber also zb keine arbeitslosenabsicherung haben. diese deren verträge sind auf 6 monate befristet. da gehen sich 2 kurse aus. vermittelt der/die trainer-in nicht genug von den würschtln, fliegt der trainer selber raus.
dementsprechend war der druck.
wöchentlich hat der hugo ein einzelgespräch bekommen. vier wochen hielt er dies durch, dann klappte er eines schönen vormittags physisch und psychisch zusammen. die trainerin ('die deppate futtn', wie er klagte) habe ihn gegängelt, sagte er mir später in einer schwachen stund. sie landeten beim supervisor, sandten ihn zum psychosozialen dienst und von dort gleich weiter in die therapie. seither hat der hugo, armer tropf, wegen die gschissanen antidepressiva sicher schon 10-15 kg zugenommen. na jedenfalls konnte hugo mir aber dank seiner vier wochen dort das programm erklären, was sie mit dir vorhaben, die schweine.
prinzipiell läufts so ab. du bist 8 wochen je 30 wochenstunden (de facto warens dann eh 28 gewesen) mit den andren würschtln zusammengesperrt, mit dem üblichen freien programm, vor den komputer huckn und a hacken suchen. vorteil bei dieser maßnahme (MASSNAHME=man BLIEB ams-patient) war dass man ein praktikum suchen konnte/musste, dass man schnuppertage anbieten konnte. 4 wochen praktikum ist nach den 8 wochen verpflichtet. findst dir selber keins, suchens die schweine für dich. schnuppertage sonst anzubieten verlangt canossagänge aufs ams und riskiert andrenfalls illegalität wegen fehlender anmeldung (arbeitnehmer MUSS schon am 1. tag angemeldet werden).
was den hugo allem voran deprimierte, waren die parallelberichte der andren würschtln dort, da gabs krasse fälle von zwang-zur-schwarzarbeit, das würde ganze bände füllen. selber mäandert der fette halbert therapierte hugo nun zwischen pensionsansuchen und 'arbeitslose'.
ergänzung: das schlüsselband
http://ist.twoday.net/stories/2558440

ein zentrum für arbeitslose frauen, zu welchem ich (männl.) keinen zugang habe, eine mieterin im zinshaus wo ich wohne, sehr wohl.
sie erzählt folgendes
(um 2004 / 2005 herum muss das gewesen sein):
das motivationslager, wo die renate, alleinerzieherin, stationiert wurde, war (oder ist noch?) am schöpfwerk beheimatet). die frauen werden dort mit 1000 brutto für (ich glaube es war 40 stunden, erzählte sie) bezahlt, was das netto ausmacht, fragte ich nicht
w-blatt
http://www.klienten-info.at
http://www.rechtsfreund.at/berechnungen.htm
http://www.bmf.gv.at/service/Anwend/Steuerberech/BruttoNetto
renate bekam erzählt, dass das schöpfwerk zuvor noch den stock drüber gehabt hatte. nun ist es nur mehr ebenerdig. in den arbeitsräumen: ein großer unterschachtelter und 2 kleinere, sitzen die garagierten kräfte (=frauen), die also, die nicht gerade auf einsatz sind. renate hat relativ schnell eine stelle zugewiesen bekommen, welche sie auch sehr bald fix übernahm, sie kam also weg vom abzwien. es ist nett, frau bemüht sich. frau bemüht sich, es renate und allen andren dort rechtzumachen, erzählte renate mir. nur, dieses zusammengesperrt sein, und vor allem NIX zu tun zu haben, außer ab und zu eine schulung, das zermürbt und kann gruppenmechanismen entwickeln, welche sich im gegebenen fall, den renate noch peripher von aussen wahrnehmen konnte, gegen die oberste chefin vor ort richteten. denn die tatsache ist, wir sind diesen menschen dort ausgeliefert. und gängeln sie uns oder lassen auf schikanös pseudo-gestrenge weise ihre macht spüren, spüren sie den gegendruck von unten und dieser gegendruck ist unvermeidbar, hat im gegebenen fall aber die solidarität unter den oamen würschtl-frauen (eine derer=renate) gestärkt. in der haut der obersten chefin mochte dann aber keine/r stecken. neben der breitärschigen hetäre hatte frau noch eine psychologin und 2 sehr empathische, geschulte verwaltungskräfte als ansprechpersonen zur verfügung. renate hat mir erzählt, dass sie sich von den frauen dort sehr verstanden gefühlt hat, viele sind alleinerzieherinnen, ein grossteil lebt von nicht mehr als 600 euro im monat. MIT kind. die renate war froh, dort sehr bald rauszukommen. sie hielt aber noch kontakt mit den frauen von dort. faktum war am ende, nach dem jahr beim abz standen von 14-20 kräften, bestenfalls EINE mit einem fixen job da, die andren wurden auf die eine oder andre art wieder rausgehaut und klopften an die tür vom AMS. aber sie hatten eine maßnahme hinter sich: brav und praktisch absolviert. dies war eine ausgliederung, ein externer dienstvertrag - auch mit neuberechnung der BMG=bemessungsgrundlage. diese errechnet sich derzeit aus dem vorigen kalenderjahr, wenn du im 2. halbjahr arbeitslos wirst. aus dem VOR-vorigen, wenn du im 1. Hj. AL wirst.
ein spezi von mir sagte, nach dieser neuen berechnung sei die BMG ein würfelspiel.

 

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