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Prekarität jenseits der Mindestsicherung

 
das-offne-messer ist eine anekdote, geschrieben an einem ort, wo einst ein freund viel zu hause war. leider haben wir - der kleine schreibekreis ums ist.twoday erfahren, dass einer der früheren beitragenden aus dem leben schied. und selbst was er uns als message auf den weg gab, kann ich nur zweiter hand wiedergeben - weil ich ihn nie angetroffen hatte.
wie wir alle ist er mit den demütigungen des bewerbungs- und arbeitsmarktes konfrontiert. er war projektarbeiter, also ein musterbeispiel an prekärer jobverwaltung. nach seinem ersten projekt war er noch geschockt, dass es jetzt vorbei sein soll und hatte sich so auf seins konzentriert, dass er keine nachfolge aktivität gestartet hatte. was er tat, war mutig. nämlich alle im hause um einen nachfolgejob anzuhauen, einen fixen, sicheren. wie DIE ihn dort alle gehabt hatten! selbstverständlich führte dies zu nichts. aber nach dem ersten projekt war er noch jung und es ging anderswo weiter. dann wurde der beitragende älter und erlebte die kränkungen und demütigungen, die er in einigen der hiesigen beiträge auch mal vorübergehend einbrachte. je verzweifelter die lage für ihn wurde, desto tiefer gingen die kränkungen, die sich teils schon in lustvolle verhöhnungen steigerten. und er beschloss etwas kurioses. da er seine bewerbungen ja ad infinitum (bis zum ableben, wie festgestellt wurde) weiterführen musste, war ihm klar: um in etwaigen darauffolgenden gesprächen noch einen rest an optimistischer zuversicht auszustrahlen, hielt er striktest alles und auch alle von ihm fern, die ihm nur irgendwie weh tun konnten. das einzige, wo man ihm noch weh tun konnte, das war in interviews, denn in denen war er ja ausgeliefert. auch hierfür fand sich ein ventil. er interviewte sich selbst nach jedem interview ZU jedem interview. er mied menschen, die ihm immer dieselben fragen stellten, ob er schon wieder arbeit gefunden hätte. er mied seine familie, die aus pensionierten und/oder lehrern bestand. er mied freunde, die sichere pöstchen hatten. er mied familien, die auf der basis des verbleibenden optimismus überleben mussten. nach jedem der bewerbungsgespräche, in denen er sich und eventuelle arbeitgeber anlügen musste - unmittelbar darauf - versank er wieder in seinen depris und war sehr, sehr still. er hinterließ uns dieses prinzip. scheue jede mögliche kränkung wie der teufel das weihwasser. rufe nicht bei firmen an, wo du vorstellen warst, denn wenn sie keinerlei weiteren kontakt halten, dann ist eh klar, dass die nix von dir wollen. frage nach projektende nicht beim verwalter der sicheren posten an, ob er für dich vielleicht auch ein pöstchen hätte. es tut nur weh. haha, und wir wunderten uns, wie der nie seine zuversicht verlor. nicht ahnend, wie knapp schon alles war. wir wenigen übergebliebenen leute können jetzt nur von seinem prinzip nutznießen, das ihm ja am ende auch nix half. aber lang hat er es durchgestanden: laufe nicht vollen wissens in das offene messer hinein.
 

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